30.10.2024
Erl

Zwischen Symphonie und Popmusik

Klangwelten der Passionsspiele Erl 2025

Die Passionsspiele Erl werden von einer über 400-jährigen Tradition getragen. Mit der Neuinszenierung von Martin Leutgeb im Jahr 2025 erleben sie auch eine musikalische Neugestaltung, für die ein Duo verantwortlich zeichnet: der Komponist Christian Kolonovits und Toni Pfisterer als musikalischer Leiter. Gemeinsam gehen sie neue Wege, um die Tiefe der christlichen Geschichte mit modernen musikalischen Mitteln erfahrbar zu machen.
    Die Hardfacts im Überblick
  • Unter der Regie von Martin Leutgeb erleben die Passionsspiele eine musikalische Neugestaltung.
  • Komponist Christian Kolonovits und musikalischer Leiter Toni Pfisterer verantworten die musikalische Gestaltung.
  • Ein Orchester mit 25 Musiker:innen und ein Chor mit etwa 50 Sänger:innen wurden für das Stück zusammengestellt.
  • Das Ensemble besteht fast ausschließlich aus Musiker:innen aus Erl und der Region.

„Es gab da eine Telefonnummer – eine Nummer, die ich immer wieder auf dem Display habe aufleuchten sehen. Irgendwann muss ich diese Nummer zurückrufen, sonst wird das peinlich“, erinnert sich der Komponist Christian Kolonovits schmunzelnd. Die erwähnte Nummer führte ihn zu Karl Anker, dem Obmann des Passionsspielvereins in Erl, der eine fixe Idee hatte: Kolonovits soll die Musik für die Passionsspiele Erl 2025 schreiben. Vor zehn Jahren begeisterte der Theater- und Filmmusiker bereits mit einem Projekt im Tiroler Festspielhaus Erl. Ein Treffen mit Karl Anker brachte dem gebürtigen Burgenländer die Geschichte der Passionsspiele näher und führte zur Zusage.

Um sich auf die Geschichte rund um das Leiden von Jesu Christi einzulassen, fand Kolonovits auch einen persönlichen Zugang: „Im Verlauf habe ich mich mit meiner katholischen Kindheit auseinandergesetzt. Ich war acht Jahre im katholischen Internat bei den Schulbrüdern, habe Orgel gespielt bis zum sechzehnten Lebensjahr.“ Diese Erfahrungen, gepaart mit einer tiefen Vertrautheit des Christentums, brachten Christian Kolonovits zu der Überzeugung: „Das ist eine ganz große Geschichte, die kann man nicht nebenbei behandeln.“ Er hat sich auf die Passion Christi eingelassen und Themen entwickelt, die die Gefühlswelten der Charaktäre in Klangwelten übersetzen.

 

Eine Gemeinschaft der Musiker:innen und Sänger:innen

Toni Pfisterer, selbst langjähriges Mitglied der Tiroler Festspiele Erl und Kapellmeister der örtlichen Musikkapelle, ist die musikalische Leitung des Projekts anvertraut worden. Mit seinem musikalischen Hintergrund stellte er ein Ensemble auf die Beine, das die emotional aufgeladene Partitur zum Leben erwecken soll: „Meine Aufgabe ist es, das Orchester zusammenzustellen. Insgesamt brauchen wir circa 25 Musiker:innen auf der Bühne. Die meisten Instrumente sind doppelt besetzt. Hinzu kommt noch der Chor“, erklärt Pfisterer stolz.

Knapp 50 engagierte Sänger:innen konnte er für den Chor gewinnen. Sie beginnen im November mit der Probenarbeit. Die Arbeit mit Laienmusiker:innen war für den Komponisten Kolonovits eine neue Herausforderung: „Christian Kolonovits ist natürlich ganz andere Größenordnungen gewöhnt. Er arbeitet zumeist mit Profis, für die ist es sicher leichter zu schreiben“, erklärt Pfisterer.

Musikalische Visionen und lokale Verbundenheit

In enger Zusammenarbeit entwickelten Kolonovits und Pfisterer die Instrumentierung und Klangfarbe des Stücks. „Ursprünglich waren mehr Streicher geplant, aber durch meine Verbindung zur Blasmusik war es leichter, Bläser zu besetzen“, erzählt Pfisterer. Der finale Kompromiss spiegelt auch den regionalen Charakter wider, denn „die Vorgabe ist, dass wir nur Erler Musiker:innen besetzen. Nur im Notfall – wenn wir niemanden aus der eigenen Gemeinde finden – greifen wir auf Musiker:innen aus umliegenden Gemeinden zurück.“

Kolonovits beschreibt die Komposition als „episch, wie Filmmusik“. Dabei verbindet er traditionelle und moderne Klänge, wobei Synthesizer den Streicherklang unterstützen und die Blasmusik das authentische Bild der Region vervollständigt. „Musik ist pure Emotion. Musik ist die einzige Kunstform, die unmittelbar Emotionen hervorrufen kann“, sagt Kolonovits, dessen Ziel es ist, die biblische Geschichte musikalisch erlebbar zu machen. Die verstärkten Instrumente und der chorale Klang transportieren die Tiefe und Dramatik der Passionsgeschichte.

Der lange Weg zur perfekten Besetzung

Für Pfisterer ist diese Aufgabe nicht nur eine Ehre, sondern auch eine große Verantwortung: „Ich habe so viele Telefonate geführt, um die Spieler:innen zu bekommen, daran bin ich gewachsen.“
Die Zusammenstellung des Orchesters und des Chores erforderte unzählige Absprachen: „Die eine oder andere schlaflose Nacht war auch dabei“, lacht er.

Das von Kolonovits komponierte Werk bewegt sich zwischen symphonischer Klangwelt und poppig-musikalischer Dramaturgie. Alle Instrumente werden elektronisch verstärkt, was für viele Musiker:innen ungewohnt ist, aber dem modernen Sound des Stücks entgegenkommt. „Die elektronische Verstärkung ist für viele Spieler:innen etwas Neues“, räumt Pfisterer ein, der jedoch überzeugt ist, dass sich das Ensemble damit vertraut machen wird.

Die emotionale Kraft der Musik

Im Zentrum des Stücks steht für Kolonovits ein Gefühl der Verbundenheit: „Erl soll dieses Werk exklusiv aufführen, deshalb ist man mit den Menschen vor Ort eng verbunden. Ich war auf Dorffesten, habe die Blasmusik dirigiert, irgendwann fühlt man sich dem Ort verpflichtet.“ Mit dieser Einstellung nähert sich Kolonovits sowohl den Erler Musiker:innen als auch der christlichen Geschichte und schafft so eine Partitur, die das Publikum in eine emotionale Welt entführt.

Die Passionsspiele Erl versprechen ein einzigartiges Erlebnis, das Musik, Tradition und einen tief verwurzelten Glauben verbindet. Mit einem tiefen Verständnis für die biblische Geschichte werden der Komponist Christian Kolonovits und der musikalische Leiter Toni Pfisterer die musikalische Untermalung für die Passionsspiele Erl gestalten. Hörbar und spürbar wird die Musik durch die vielen Musiker:innen und Sänger:innen, die die Verbindung mit dem Land und den Leuten und ihren ganz eigenen, vielgestaltigen Glauben zum Ausdruck bringen.

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